Süß und sauer zugleich - Die Powerfrucht Schlehe

Am Anfang des Frühherbstes, wenn die Schlehe zu reifen beginnt, sollte jeder Wildobst-Liebhaber einen Ausflug in die Naturparke machen.

Bald nachdem der Schwarze Holler und der Dirndlstrauch die ersten Früchte tragen, beginnt auch der Schlehdorn mit der Fruchtreife. Ein wahres Eldorado nicht nur für zahlreiche Vogelarten, sondern auch für alle Hobby-Köche, die gerne verschiedenste Delikatessen aus Wildobst zaubern. Also ab in den Naturpark und ein geeignetes Sammelgefäß nicht vergessen!

Abgewischt oder doch nur poliert?

Die Früchte der Schlehen sind kugelig und haben eine blauschwarze Fruchthaut. Die Frucht ist bereift, in der alten Literatur nennt man das auch „beduftet“. Dieser Überzug besteht aus einer feinen Wachsschicht, die eine feinstrukturierte Oberfläche hat und oft als abwischbar bezeichnet wird. Genaugenommen wird jedoch durch das Angreifen oder Wischen nur die Wachsoberfläche geglättet und folglich durchsichtig. Man könnte sagen, die Schlehenfrüchte werden nur poliert!

Der Kern macht den Unterschied

In der Abgrenzung zu den nah verwandten Artbastarden wie Zwetschke, Kirschpflaume und Haferschlehe kommt dem Steinkern eine wichtige Unterscheidungsaufgabe zu. Form, Größe und Oberflächenbeschaffenheit des Kernes sind bei dieser Verwandtschaftsgruppe unterschiedlicher ausgebildet, als beispielsweise die gesamte Frucht. Ein typischer Kern der echten Schlehe ist klein und kugelig, meist schwach zweispitzig und pockennarbig rau. Der Stein löst sich nicht vom grünlichen Fruchtfleisch.

Die gut „getarnte“ Zuckerseite

Mit 5 bis 10 % Zuckergehalt ist die Schlehe genaugenommen picksüß und liegt mit diesen Werten klar vor der Erdbeere und gleichauf mit Apfel oder sogar Cola! Dass wir davon fast nichts mitbekommen, liegt in erster Linie an der menschlichen Sensorik und an der Tatsache, dass der hohe Gerbsäuregehalt unser Geschmacksempfinden derartig irritiert, dass wir die Süße und die Aromastoffe einfach nicht wahrnehmen können. Bemerkenswert hoch ist der Gehalt an Vitamin C und Vitamin B. Gepaart mit ansehnlichen Anthocyan-Werten haben wir hier also eine wahre Power-Frucht. Die geschmackliche Fülle und das eigentliche Aroma der Schlehe entfalten sich aber erst bei der Verarbeitung.

Die Schlehe am Speiseplan

Die gerbsauren, aber sehr zuckerreichen Früchte sind eine hervorragende Herbst- und Winternahrung für Vögel und so manchen Säuger. Bei nicht weniger als 20 Vogelarten stehen sie auf dem Speiseplan. Die Verbreitung der Schlehenkerne geht vielfach durch den Magen. Während kleinere Vögel wie Goldammer oder Sperlinge lediglich am Fruchtfleisch herumpicken, sorgen die größeren Drosselarten dafür, dass die Schlehenkerne weiter vom Mutterstrauch entfernt landen und dort neue Schlehenpflanzen keimen können. Auch Füchse, Marder und Kleinsäuger (z.B. Mäuse) fressen gerne die Früchte und sorgen so für die Ausbreitung der Schlehe.

Tipp Rezept: Schlehenmarmelade: 1 kg Schlehen, ½ kg Gelierzucker, Mark einer Vanilleschote, ½ l Wasser. Schlehen waschen, weich kochen und durch ein feines Sieb passieren. Mit Vanillemark und Gelierzucker  unter ständigem Rühren aufkochen, 5 Minuten kochen lassen. Anschließend in saubere Gläser füllen und sofort verschließen.